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Dienstag, 16. August 2011

Geschichte #5

Liebe

Erleichtert lehnst du dich in deinem alten Bürostuhl zurück.
„Schlaf schön“ hat sie geschrieben. Die Liebe deines Lebens schreibt dir „Schlaf schön“ und „Ich wünsche dir eine gute Nacht“. Früher hast du dich über solche Worte mehr gefreut. Du hast: „Das wünsche ich dir auch. Träum schön“ geschrieben und dazu ein paar Herzchen getippt.
Aber seitdem du weißt oder glaubst zu wissen was sie fühlt ist alles anders. Die liebst sie. Du wirst sie immer lieben. Sie wird dich auch immer lieben, aber nicht auf diese Art. Wenn ihr euch in die Augen seht, dann schaust du sie anders an als sie dich. Du versuchst sie mit anderen Augen zu sehen. Was du dir nicht schon alles überlegt hast. Aber eine richtige Lösung ist dir nie eingefallen. Du kannst ihr nicht einfach sagen:“Pass auf, wir können keine Freunde mehr sein und du kannst mich nicht fragen warum“ oder „ Hey, ich weiß das kommt jetzt komisch, aber wir können uns ab jetzt nicht mehr sehen“. Sie würde es nicht verstehen. Du würdest es nicht verstehen. Du kannst aber auch nicht sagen:“Hörmal zu, es ist so. Ich hab mich in dich verliebt und zwar schon seit ein paar Monaten. Ich bin nicht einfach verknallt, es handelt sich hierbei wirklich um Liebe! Ich hätte damit wohl etwas früher rausrücken sollen. Aber ich konnte es dir nicht sagen weil ich nicht genau wusste wie du fühlst. Immer wenn wir zusammen waren bist du so abwesend gewesen. Aber wenn du mir irgendwas geschrieben hast hätte jeder Idiot gesagt, dass du dich auch in mich verliebt hast. Das hat mich verwirrt. Und jetzt hast du dich in diesem Jugend-Camp in diesen Nathanael verliebt. Weißt du, es war echt schwer ganz normal und interessiert zu wirken wenn du mir erzählt hast wie toll er ist, wie er dich versteht und das er echt gut küssen kann, aber dass es ja so doof ist weil er soweit weg wohnt und auch so viel älter ist als du. Dein Vater würde ausrasten. Ich komme damit nicht ganz klar. Aber jetzt weiß ich, dass du mich nicht liebst und wenn wir uns weiterhin sehen wird mich das nur verletzten. Also wäre es besser wenn wir uns ab jetzt nicht mehr so oft sehen. Klar kannst du mich noch bei Facebook anschreiben. Aber sei nicht sauer wenn ich nicht immer antworte. Alles klar? Okay, leb' wohl!" Obwohl du genau das gerne gesagt hättest.
Du hast ihr jetzt gesagt, dass du irgendwelche Probleme hast und sie und andere Freunde leider nicht mehr so oft sehen kannst. Darüber war sie sehr traurig. Du weißt, dass du ihr als Freund wirklich alles bedeutest. Sie würde dich mehr vermissen als manch andereren. Mehr als Nathanael, aber verliebt ist sie nicht in dich. Wow, das war hart zu schlucken. Jetzt versuchst du auf Facebook den inaktiven zu spielen. Wenn sie dich anschreibt schreibst du erst zurück wenn sie offline ist. Du drückst bei ihren Fotos nicht mehr auf „Gefällt mir“ oder kommentierst ihre Statusmeldungen. Genauso reagierst du auf SMSen von ihr. Schon komisch, vor diesem Treffen hättest du keine Sekunde gezögert, aber jetzt, jetzt schreibt sie „Schlaf schön“ und du bist froh, dass dieses Gespräch ein Ende gefunden hat und dass du nicht weiter mit ihr schreiben musst. Du willst so wenig wie möglich mit ihr zu tun haben, denn so kannst du sie vergessen, glaubst du.
Nathanael, was ist das für ein bescheuerter Name? Und wie der Kerl aussah. Sie kennt ihn erst seit zwei Wochen. Und dich, ihr seid seit zwei Jahren befreundet. Du bist nur knapp älter als sie, du kennst sie, du weißt wovor sie Angst hat und du weißt dass sie dir alles, wirklich alles anvertraut. Du weißt sogar dass sie sich schon knapp in die verliebt hat. Du glaubst sogar dass sie es eine Zeit lang sogar war. Fazit: Du wärst der perfekte Freund für sie. Allerdings wohnt sie 300 km weg von dir und ihr beide werdet euch nächstes Jahr sowieso kaum sehen können. Aber dieser Nathanael wohnt noch viel weiter weg und ist einfach viel zu alt! Du hasst ihn. Als du seine Hand zum Abschied schütteln musstest hättest du am liebsten auf seinen Arm gekotzt! Du hasst nicht nur ihn, die wirst alle hassen die noch kommen werden. Du möchtest jetzt schon ihre zukünftigen Freunde alle erwürgen.
Es war schön mit ihr am Ende noch eine halbe Stunde allein zu sein. Sie war wie immer. Sie sah gut aus, hatte wundervolles Haar, duftete angenehm und schaute halb glücklich halb traurig in den Tag hinein genau wie du es an ihr liebst.
Es wurde dir alles klar. Sie hat dich nicht auf dieses Treffen eingeladen um dich in ihrer Nähe zu haben weil sie dich liebt. Sie hat dir nicht geschrieben, dass sie sich so unglaublich freut dich wieder zu sehen weil sie dich liebt. Sie hat dir nicht geschrieben, dass sie unbedingt zurück zu dir will und dich ganz doll lieb hat, weil sie dich liebt. Sie hat das alles getan weil sie dich mag, weil du ein wirklich guter Freund bist. Sie kannte Nathanael natürlich schon als sie dich anrief. Es fiel ihr nicht auf, dass du innerlich gestorben bist als sie mit ihm kuschelte. Alles ergab Sinn. Super.
Diese Klarheit tut gut. Oder ist es nur das was du für Klarheit hältst?
Mit Klamotten hast du dich auf dein Bett geschmissen. Es ist ein schönes Bett. Du hast schon mit vielen Freundinnen darin gepennt und auch gekuschelt, aber nie mit ihr. Wie oft hast du dir schon ausgemalt dass du dieses Bett, oder ihr Bett, oder irgendein anderes Bett der Welt mit ihr teilst. Stattdessen liegst du wieder alleine darin. Auf dem PC läuft irgendein tape.tv Mixtape welches dir ein Freund geschickt hat auf halber Lautstärke. Nur so Indie-Electro Kram. Unter deinem Kissen liegt ein fast fertig geschriebener Liebesbrief in Blog-Form. Den wirst du wirst du bestimmt nicht mehr abschicken. Es ist kein klassischer Liebesbrief in dem du ihr deine Gefühle gestehst. Er erklärt die Situation genau, allerdings ohne ihren Namen zu nennen. Am Ende hätte sie schon selbst raten müssen ob du in sie verliebt bist oder nicht. Ob sie damit gemeint war oder nicht. In dem Brief bittest du sie um Rat. Das was sie geantwortet hätte, hättest du auch genau so getan.
Den Brief wird sie wohl nie erhalten. Schade, sie mochte deinen Schreibstil.

Jetzt ist alles ruiniert. Du kannst nicht ihr „Freund“ sein und du kannst nicht „nur“ ihr Freund sein.
Und wenn sie fragt „wieso“ kannst du es ihr nicht erklären.
Du hattest so große Angst davor ihr die eine Frage zu stellen weil du dann eure Freundschaft auf's Spiel gesetzt hättest. Egal ob sie ja oder nein gesagt hätte. Aber so weiter zu machen hätte dich auf Dauer vermutlich umgebracht. Tja, Pech gehabt. Korrekt verkackt!
Wie du jetzt weitermachst? Du machst auf abwesend, entfernst dich immer weiter, vergisst sie und triffst sie irgendwann in 20 Jahren wenn sie glücklich mit Nathanael verheiratet ist und sagst:“Hey, weißt du noch damals, ich war unglaublich in dich verschossen“ und dann lacht ihr beide darüber. Das wird spitze! Es ist zwar nur der dämlichste Plan der Welt aber etwas Schlaueres fällt dir in deiner gegenwärtigen Situation auch nicht ein.
Dein Kater kommt herein und will gestreichelt werden. Aus den PC Boxen hörst du dass dir jemand eine Skype-Nachricht geschrieben hat. Schon wieder musst du dich zwischen etwas dass du liebst und etwas das du tun musst entscheiden. Du machst das deiner Meinung nach Schlauste und schläfst ein.
Pech gehabt. Korrekt verkackt!

Sonntag, 19. Juni 2011

Geschichte #4

 Waiting For The End

Langsam regt es dich auf. Den ganzen Tag läuft schon alles schief. Das Buch hatte es in alle 3 Läden nicht. Dein Head-Set konntest du nicht umtauschen und und das Konzert ist ausverkauft.
Du solltest echt mal anfangen dir alles bei Amazon und so zu bestellen. Zu allem Übel fällt jetzt wegen diese bescheuerten Baustelle auch noch deine Bahn aus. 34 Minuten. 34 lange Minuten musst du jetzt warten damit du nochmal 42 Minuten warten kannst um in dein kleines spießiges Kaff zu fahren.
Mal schauen was du jetzt so für Möglichkeiten hast. Du könntest in den Buchladen um die Ecke gehen. Du könntest in den McDonalds hinter dir gehen und dir irgendwelchen FastFoo scheiß in den Magen stopfen. Du könntest jemanden Anrufen. Nein. Nein das kannst du alles nicht tun. Besser gesagt, du willst es nicht tun. Der Buchladen hat nur scheiße im Angebot. Alle die ganzen Bestseller, Klatschbücher, Kabarettschinken, Kitschrromane und Marvelcomics interessieren dich einen Scheißdreck. Du hasst McDonals und alle die es lieben. Und vor allem hasst du es zu Telefonieren. Leute Anrufen, freiwillig mit irgendjemandem reden zu müssen. Das sind schlimme Gedanken! Aber hier ist das anders. Hier hast du deiner Ruhe. Hier kannst du Musik hören und deinem Hobby nachgehen. Menschen beobachten! Oh ja, schon seit längerer Zeit vergnügst du dich damit fremde Menschen genau zu beobachten und dir ihre Lebensgeschichten auszudenken. Immer wenn du auf längeren Zugfahrten oder im Café bist. Menschen beobachten ist dein Ding! Er letztens saß ein Typ in der Bahn der aussah wie jemand der aus der Irrenanstalt geflohen ist. Er hatte eine Baumwolltasche fest umklammert und ein Grinsen, das bis zu beiden Ohren ging. Er trug neonfarbene Schuhe, bunte Wollsocken , eine helle Hochwasser-Jeans und ein viel zu großes ungebügeltes Hemd. Unter seiner roten Nase campte ein fröhlicher Schnauzbart der seine Kinder in Richtung Nasenlöcher schickte. Wahnsinn. Du hättest gerne so viel mehr über ihn erfahren. Aber er war dir doch etwas zu gruselig. Immer wenn jemand an ihm vorbei ging wurde sein Grinsen zu einem ängstlichen O-Mund und er schaute der Person aufgeregt hinterher. Was er wohl in seiner Baumwohltasche hatte?
Hier ist aber alles anders. Hier kann man niemanden beobachten. Es ist unfassbar. Du sitzt an der belebtesten Haltestelle der Stadt und keine interessante Person ist in Sichtweite. Ein paar Frauen mit Kindern, viele Rentner, Geschäftsleute und Bauarbeiter. Wow. Es bleibt dir nichts anders übrig als den iPod anzumachen. Schon bist du in einer anderen Welt in der ClickClickDecker mit dir Flammen ans Brandenburger Tor schlagen will. Du liebst diese Welt und achtest gut darauf, dass dich niemand aus ihr raus reißt. Es sind noch 26 Minuten. Nach einer Weile setzt sich eine alte Frau zu dir auf die Bank. Du rückst auf damit sie Platz hat. Sie tippt dir auf die Schulter. Du nimmst deine Kopfhörer aus den Ohren.
Unglaublich dass die nicht warten können, oder?“, „Ich hab vier mal auf die Tür von der S2 gedrückt, aber die ist einfach weggefahren.“ „Was die wohl für Anweisungen bekommen.“
Du nickst und nuschelst irgendwas mit „Ja“ und „Versteh ich auch nicht“, wendest dich aber im gleichen Moment von ihr ab.
Jetzt steht da irgendwas von 12 Minuten“
Die Frau redet so leise, dass du sie kaum verstehen kannst. Eigentlich willst du ihr sowieso nicht zuhören. Du steckst dir langsam deinen linken Kopfhörer ins Ohr in der Hoffnung sie sieht es und wird dich nicht weiterhin stören.
Früher war hier ja noch nicht so ein Chaos. Aber seit die ihrer Mitarbeiter nur noch aus Polen hohlen geht das alles den Bach runter.“
Oh toll, sitzt jetzt eine kleine alte Rassistin neben dir? Das mit den polnischen Angestellten stimmt doch gar nicht. Du kicherst ihr leicht entgegen und wendest dich wieder ab. Die nächsten 12 Minuten werden der Horror. Wieso? Wieso setzt sich diese alte labernde Frau ausgerechnet neben dich. Du willst einfach nur deine Ruhe. Das schlimme, du kannst nichts dagegen tun. Aufstehen und woanders hinsetzen. Geht nicht, hier gibt es keine anderen freien Sitzmöglichkeiten und es wäre zu unhöflich sich einfach irgendwo hinzustellen. Ob du einfach in irgendeine Bahn einsteigen und mit ihr bis zu nächsten Station fahren solltest? Du kannst auch da später in die Bahn einsteigen die dich nach hause bringt. Auch blöd. An der nächsten Haltestelle könnte sie dich sehen. Du erträgst die 12 Minuten.
Genervt versuchst du dich mit anderen Dingen zu unterhalten. An der gegenüberliegenden Haltestelle steht ein Typ der von Kopf bis Fuß Rosa ist. Du lachst dich innerlich gerade zu Tode, denn du liebst es Freaks auf de Straße zu sehen. Endlich eine interessante Person in Sichtweite! Er trägt eine rosafarbene Baseballmütze, rosafarbene Schweißbänder, ein rosa Polohemd, rosa Shorts und weiße Schuhe. Zum Brüllen. In der Hand hält er eine weiße Tasche. Du vermutest Tennisschläger darin. Etwas glücklicher begibst du dich in eine aufrechte Position. Die Frau redet immer noch. Rechts neben dich hat sich eben ein alter Mann gesetzt. Du bist nun von Rentnern umzingelt. Zu deinem Glück hat er nicht mehr als: „Ist da noch frei?“, gefragt.
Endlich, du siehst von weitem die S2. Die alte Frau wird in einer Minute weg sein. Sie beginnt jetzt nochmal alles was an Nörgel- und Meckerkunst in ihr steckt rauszulassen. Dich stört es nicht mehr.
Die S2 ist nur noch wenige Sekunden entfernt. Die alte Frau steht auf, wünscht dir noch einen schönen Tag und humpelt davon. Du hast ihr ebenfalls noch einen schönen Tag gewünscht und auch wenn sie dir in den letzten paar Minuten noch jeden Nerv geraubt hat, irgendwie vermisst du sie.
Als du in deine Bahn einsteigst die nur 8 Minuten danach kam steckst du dir deine Kopfhörer wieder ins Ohr und beobachtest die anderen Menschen. In Gedanken bist du aber bei der alten Frau.
Du fragst dich welche armen Menschen sie jetzt wohl belästigt. Du schmunzelst in dich hinein und wartest bis du zuhause bist.

Fahr mich einfach nach Hause

Sonntag, 10. April 2011

Geschichte #3

Stagediverin

Dir ist warm. Du ziehst die Decke weg und legst dich auf sie. Nach zwei Minuten ist dir wieder kalt. So geht das eine Weile hin und her. Du drehst dich auf die linke Seite und hältst die Position bis sie wieder unbequem wird. Einfach an nichts denken. Wenn das so einfach wäre. Gestern hast du wieder etwas zu lange gefeiert. Deine Ohren schmerzen, deine Nase tut höllisch weh ,draußen wird es langsam hell. Die Vögel fangen an zu zwitschern. Eigentlich magst du ja Vögel, aber dieses gezwitscher geht dir auf die Nerven. Können die nicht einfach alle mal sterben?
Still liegst du da. Was ist eigentlich gestern auf dem Konzert so passiert?
Du bist mit Heiko hingegangen. Ihr ward beide schon am Einlass etwas betrunken. Ein Wunder dass sie euch reingelassen haben. Erstmal habt ihr die Bar gestürmt und seit dann in die Menge gesprungen. Nach 15 Minuten ging auch endlich was mit Pogo. Du wolltest einfach alles raus lassen. Den ganzen Frust und so. Im Pogo hat irgend so ein dahergelaufener Trottel seinen Ellenbogen gegen deine Nase gerammt. Du wolltest dich sofort mit ihm schlagen, aber er hat schnell das Weite gesucht. Egal, es ging weiter. Du hast an dem Abend alles gemacht was so ging.
Bei einer Ballade hast du ein fremdes Mädchen auf die Schultern genommen. Sie hat dich immer so süß angelächelt hat. Melanie, genau. Du hast sie zuvor aufgefangen als sie von der Bühne sprang. Sie lag genau in deinen Armen. Du hast sie hoch gedrückt und sie schwamm weiter. Dieser Moment verlief für dich in Zeitlupe. Heiko hat sich schon eine ganze Weile blicken lassen.

Du kannst nicht einschlafen. Du hasst es nicht einschlafen zu können. Das schlimmste ist aber wenn du müde bist und nicht einschlafen kannst. Du stehst auf und humpelst in die Küche. Die Kühlschranktür ist noch offen. Im Inneren befindet sich nicht viel. Du drückst die Tür zu, holst dir ein Glas aus dem Schrank und füllst es mit Leitungswasser. Auf der Straße hörst du vorbeifahrende Autos. Du wirfst einen Blick auf die Bushaltestelle. Neben dem Mülleimer liegt eine Pfütze aus Kotze. Super.
Angewidert gehst du ins Bett zurück. Das war ein scheiß Abend gestern. Oder war das heute? Egal.
Eigentlich hätte alles anders verlaufen sollen. Nicht so. Langsam aber sicher verlierst du jeden deiner Mitmenschen. Sie wollen nichts mehr mit dir zu tun haben. Oder willst du nichts mehr mit ihnen zu tun haben?

6 Stunden früher:

Nach dem Konzert torkelst du betrunken durch die Straßen dieser unglaublich hässlichen Stadt. Du hast Heiko nicht mehr gefunden. Melanie auch nicht. Und wo ist eigentlich dein Geldbeutel.
Du läufst durch die Bahnhofs-Unterführung und schaust auf die zerlegten Fahrräder. Nur ein totaler Vollidiot stellt hier sein Fahrrad ab. Und das beweist ja mal das es genug davon gibt! Du ekelst dich vor dem Gestank. Eine Mischung aus Dreck und Urin. Du hast Melanie noch einmal getroffen. Am Merchandise-Stand hat sie sich ein T-Shirt gekauft und ihr altes ausgezogen. Ein paar Sekunden stand sie nur im BH da. Natürlich schauten ihr all diese perversen Spinner auf die Brüste. Auch du.
Wie hübsch sie doch war. Du hast sie angesprochen. Was du genau zu ihr gesagt hast weißt du gar nicht mehr. Es war aber die erste nette Unterhaltung und der erste Flirt seit Wochen. Nach einer Weile waren schon fast die Hälfte aller Besucher aus der Halle verschwunden. Melanie sitzt auf deinem Schoß und knutscht seit 2 Minuten heftig mit dir rum. Du hast keine Ahnung wie du von einem netten Gespräch in diese Situation gekommen bist. Später hat sie dir ihre Adresse gegeben, aber die ist in deinem Geldbeutel und den findest du nicht. Egal! Du erinnerst dich bestimmt an die Straße und die Hausnummer. Schelling oder Schillingstaße. Naja, zum Nachdenken hast du morgen noch Zeit. Jetzt willst du erst einmal nach Hause.
Auf dem Bahnsteig ist es kalt. Eine Neon-Röhre über die flackert die ganze Zeit. Wieso fahren deine Züge eigentlich immer von den letzten und hässlichsten Gleisen ab. Dein Magen knurrt. Du stehst auf und gehst in Richtung Burger-King. Der Zug kommt ja sowieso erst in zwei Stunden und du hast in deiner Tasche zwei Euro gefunden. Das ist das Pfandgeld aus der Halle gewesen. Du betrittst den Laden. Dein Blick fällt auf Heiko. Hier ist er also. Er sitzt mit irgendeinem Mädchen am Tisch. MELANIE. Du bist wütend. Deine Hand ballt sich zu einer Faust. Ab diesem Moment spürst du keine Kontrolle mehr über deinen Körper. Du läufst zu Heiko. Er dreht sich um, lächelt dich an und will dich begrüßen. So ein Arsch. Eins, Zwei. Er fällt um. Drei, Vier. Aus seiner Nase läuft das Blut. Er schreit. Melanie schreit. Du schreist. „DU WEISST GANZ GENAU WIE ES MIR IN DEN LETZTEN WOCHEN GING! UND DANN TREFFE ICH MAL WIEDER EINE UND DU PENNER SPANNST SIE MIR AUS!“, hörst du dich brüllen. Du siehst die Angst in Melanies Augen. Heiko kriecht jämmerlich auf dem Boden herum und krümmt sich. Alles was jetzt kommt kriegst du gar nicht mehr richtig mit. Alles ist verschwommen. Heiko versucht dir zu ächzend erklären das er nur mit Melanie gewartet hätte. Er hätte nach dir gesucht und sie getroffen. Du verstehst nichts und verschwindest aus dem Restaurant. Das Personal im Burger-King hat wahrscheinlich schon die Polizei gerufen aber du bist abgehauen. Zu deinem Glück merkst du dass noch Busse fahren. Als du an der Bushaltestelle vor deiner Wohnung ankommst setzt du dich auf die Bank. Was hast du eigentlich getan. Du hast deinen besten Freund verprügelt weil du sauer warst, dass er mit einem Mädchen zusammen saß welches du nicht kennst. Du hast deinen besten Freund verprügelt. Du hast deinen besten Freund verprügelt. Ist Heiko eigentlich dein bester Freund? Du hast ihn erst vor 3 Jahren kennen gelernt. Du denkst an alles was in den letzten Stunden passiert ist. Alkohol, Schweiß, Blut. Dir kommt es hoch und du kotzt neben den Mülleimer. Was Melanie wohl jetzt von dir hält. Der Gedanke macht dich traurig. Du torkelst in Richtung Haustür, suchst den Schlüssel aus deiner Jackentasche. Beim vierten Anlauf steckt der Schüssel im Schloss. Als du vor deiner Wohnung stehst und auf die Fußmatte mit der Aufschrift „Home Sweet Home“ siehst musst du fast wieder kotzen, kannst es aber zurückhalten und betrittst die Wohnung. Du reist dir die Klamotten vom Leib und lässt dich auf deine Matratze fallen. Wenigstens kannst du jetzt in Ruhe Schlafen.

(© Meise)

(Feedback und Kritik bitte an nagelnagelnagelnagel@web.de Danke :)






Sonntag, 16. Januar 2011

Geschichte #2

Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit

Schon wieder, verdammt.
Da drüben seid ihr gesessen, genau da. Sie hatte den Fensterplatz, du hast deinen Arm um sie gelegt. Vor euch saß Niemand. Die Sonne warf ein angenehm warmes Licht auf eure ausgestreckten Beine. Der Zug hatte keine Verspätung. Es war an sich ein wunderbarer Tag. Natürlich ist die Chance sehr gering, dass du gerade im selben Zug sitzt. Aber die sehen ja alle gleich aus. Es ist die selbe Strecke und das gleiche Abteil.
Die ganze Fahrt über kannst du nicht aufhören immer und immer wieder auf diese zwei Plätze zu starren. Niemand sitzt dort. Das würde den Moment zerstören und genau dass willst du. Hoffentlich setzt sich eine alte, hässliche, dicke Frau genau auf ihren Platz. Du willst diesen Gedanken aus deinem Kopf haben. Du warst mit ihr schon überall. Jeden Tag siehst du Plätze, die mit so vielen Erinnerungen verbunden sind. Du kannst teilweise immer noch bestimmte Lieder nicht hören. Es waren „eure“ Lieder. Ihr Lieblingslied dieser einen fabelhaften Band welches dir nur wegen ihr gefiel. Das Lied das ihr nach eurem ersten großen Streit zusammen in Dauerschleife gehört habt. Jeder hatte einen Kopfhörer im Ohr, sie hat geweint und dich einfach nur gedrückt. Genervt lehnst du deinen Kopf an die vibrierende Fensterscheibe. In deinem Ohr singt Nagel von Muff Potter über Landflucht, Rocco und Rico und die Disco in Grüters Scheune. Sie kennt den Song. Aber ob sie ihn mochte? Das hast du sie nie gefragt. Was sie wohl gerade macht? Schon wieder, verdammt! Du kriegst ihr Gesicht einfach nicht aus dem Kopf. Die langen braunen Haare, die braunen Augen, ihre süße kleine Nase. Seit diesem einen Abend letztes Jahr verging kein Tag an dem du nicht an sie gedacht hast. Manchmal nur ganz kurz, manchmal kam es dir wie eine Ewigkeit vor. Du würdest gerne mit ihr reden, wissen wie ihr Tag war. Hat sie gerade einen Freund? Eigentlich vermisst du sie gar nicht. Wirklich nicht! Am Anfang war es natürlich schwer. Aber jetzt geht es dir eigentlich gut. Du bist unabhängig. Mit deinen Freunden hast du Spaß. Du gehst oft weg. Während der Schulzeit oder wenn du bei anderen Leuten bist verschwendest du keinen Gedanken an sie. Aber wenn du alleine im Bett liegst oder wie jetzt im Zug fährst, kommt dir manchmal der Gedanke oder eine Erinnerung an sie.
Nächster Halt: München Hauptbahnhof. Der Ausstieg ist in Fahrtrichtung rechts.“
Du ziehst dir einen Kopfhörer aus dem Ohr, hängst deine Jacke vom Hacken, nimmst deinen Rucksack und gehst in Richtung Ausgang. Der Bahnsteig ist voll und hässlich. Du siehst zwei Tauben um einen Mülleimer herum hopsen. Gleis 6. Von hier aus ist sie immer nach Hause gefahren. Neben dieser Bank habt ihr euch immer ganz lange fest gehalten und allen Anderen eine Vorstellung eurer sehr langen Abschiedsküsse gegeben. Ohne weiter auf die Bank zu blicken gehst du. Ob sie deine Nummer noch hat? Du hast ihre gelöscht. Eure Trennung war zu hart. Du hast alles, was du von ihr gefunden hast in eine Kiste gepackt und weggesperrt, vieles auch weggeworfen.
Wie konnte sie nur so gemein sein. Du hast dir eine Trennung immer anders vorgestellt. Nicht so negativ, so unpersönlich und ignorant. Es schien als hätte sie alles schon etwas länger geplant. Sie wollte dich gar nicht mehr sehen. Hatte sie zu dieser Zeit schon einen anderen und wollte dich einfach nur schnell loswerden? Du weißt es nicht aber würdest sie gerne mal danach fragen. Du würdest so gerne mal wieder mit ihr reden, als Freunde. Aber ihr seid keine Freunde mehr. Nichtmal mehr bei MySpace. Es ist ja auch klar: Der, der sich zuerst meldet wirkt schwach und hat die Trennung verloren. Ja, eine Trennung ist wie ein Wettbewerb ,es gibt Gewinner und Verlierer. Das hat jedenfalls mal einer bei „How I Met Your Mother“ gesagt. Warum ist diese Welt so schwer. Wieso kannst du sie nicht einfach anrufen und sie fragen: „Hey, na wie geht's? Wir sollten mal über uns reden. Also das was wir mal waren. Du warst ja ziemlich grob zu mir. Sollen wir uns am Samstag vielleicht mal Treffen? In der Pizzeria an der Postgalerie? Alles Klar, ich freue mich, bis dann.“ Du willst gar nicht wieder mit ihr zusammen sein. Du willst nur wieder einer ihrer Freunde sein. Du bist schon so lange über sie hinweg. Jetzt willst du sie eigentlich nur wieder kennenlernen. Aber will sie das? Du kannst sie nicht anrufen, das geht einfach nicht. Außerdem hast du ja ihre Nummer gelöscht. Aber eigentlich sollte man das ja tun können. Einfach wieder ganz normal befreundet sein. Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit. Du steigst in einen Bus der dich zum Kino bringt. Vorgestern hast du dich mit ein paar Freunden verabredet. Eva kommt auch. Eva ist total hübsch und nett und witzig und lieb und auf deiner Wellenlänge. Vielleicht traust du dich heute sie zu fragen, ob ihr mal alleine in einen Film wollt. Eva mag dich, das weißt du. Sie umarmt dich immer so viel länger als alle anderen und es scheint als wäre sie gerne in deiner Nähe. Glaubst du. Das muss doch etwas heißen. Du freust dich total auf das Kino und auf Eva. Du lehnst deinen Kopf an die Glasscheibe. Der Gedanke macht dich glücklich.

(© Meise)

(Feedback und Kritik bitte an nagelnagelnagelnagel@web.de Danke :)
An der Bushalte sitzen Rocco und Rico... (muff potter.)




Sonntag, 9. Januar 2011

Geschichte #1

Wie am Vortag

9:44 Uhr. Dein Radio Wecker klingelt. Du stellst ihn immer auf irgendwelche Zeiten die in deinen Rahmen passen. Minuten sind dir egal. Pff, wer kümmert sich schon um Minuten? Es vergehen täglich so viele davon und niemand erinnert sich an sie. Du solltest aufstehen, aber immer wenn du in Gedanken eigentlich schon auf den Beinen bist, merkst du, dass du immer noch liegst. Du denkst viel nach.“Steh auf, sei ruhig, zieh dich an, es ist schon spät...draußen ist es kalt, zieh dich warm an. Und denk daran: Ab heut' bist du auf dich gestellt“, singt eine Band aus Husum in deinem Kopf. Lohnt es sich aufzustehen? Gibt es irgendwelche guten Gründe dafür?
Essen. Du stehst auf Essen. Jeden morgen freust du dich in den Kühlschrank zu schauen um festzustellen dass dort nichts drin ist. Wie am Vortag. Du schüttest dir ein paar Kellog's mit Milch in eine Schüssel die eigentlich deinem Mitbewohner gehören. Wie am Vortag. Du bist nicht dick.
Aber ein paar Muskeln aus Stahl hast du auch noch nicht entdeckt.
Fernsehen.
Das hast du eigentlich schon hinter dir. Die meisten Shows die dich noch ansprechen schaust du Online oder kaufst dir sogar die DVD-Sets. Fernsehen ist sowieso total doof. Du kannst den Typ von „Fernsehkritik TV“ zwar nicht ausstehen, aber du bewertest trotzdem jede Sendung die du siehst, genau wie er. Trotzdem schaltest du den Fernseher jeden Morgen an. Um festzustellen, dass dort wieder nichts läuft. Wie am Vortag. Alle Sender werden langsam genauso scheiße wie RTL II. Du drückst aus Gewohnheit die 6. Ach ja, MTV gibt' s ja nicht mehr. "Zum Glück", denkst du. Obwohl du da manchmal bei einer Folge „Family Guy“ hängen geblieben bist. Trotzdem! MTV war ja sowieso total scheiße, die ganzen Dating Shows mit Celebrities, Charts, Musikvideos im Nachtprogramm und ganz viele Klingeltöne. Das ist nun vorbei. Du betrachtest noch ein paar Sekunden das Störbild auf der 6, dann zappst du weiter. Wie am Vortag.
Freunde.
Freunde sehen macht dir Spaß. Aber nicht morgens. Du darfst deinen Leute auf keinen Fall ungepflegt erscheinen. Wenn du jetzt welche besuchen würdest, müsstest du noch ganz viel machen. Duschen, Haare waschen, rasieren, Zähne putzen und dich anziehen. Du bist zwar ein Kerl und diese Sachen sind alle total normal, duschen ist schön , du machst das alles jeden Tag. Aber der Gedanke daran ekelt Dich, denn er würde dich aus deiner schönen warmen kleinen Welt reisen in der du gerade liegst. Haare Waschen, nööööö. Morgens sehen deine Haare immer so verstrubbelt aus. Du hast keine erträgliche Kurzhaar-Igel-Frisur die man morgens nur schnell unters Wasser hängen muss. Der absolute Super-Gau wäre, wenn der Postmann oder ein Nachbar morgens an der WG-Tür klingeln würde und du mit ungewaschenen Haaren an die Tür musst. Freunde. Pah. Die kannst du ja auch wunderbar übers Internet treffen. Es gibt ja schließlich Facebook. Da kannst du mit allen schreiben und es kümmert niemanden ob du gerade eine Hose an hast oder deine Haare perfekt liegen. Aber Hauptsache dein Profil stimmt. Dein Bild ist bearbeitet und ausgewählt. Es stehen nur die besten Dinge in der Info. Teilweise auch Lügen. Informationen die du dir von andere abgeschaut hast. Von anderen Lügen. Man schreibt ja nichts Schlechtes über sich. Oh, da steht eine kleine rote 1 neben der Weltkugel. Wieder nur eine FarmVille Anfrage. Du hasst Facebook Apps. FarmVille hast du noch nie gespielt. Facebook ist sowieso scheiße. Datenverkauf und so. Du hast dich darüber zwar kaum informiert, aber ballerst gerne mal mit Begriffen um dich wenn du gefragt wirst. Jetzt sitzt du wieder vor dem PC. Hast ein paar Nachrichten geschickt und Kommentare geliket. Wie am Vortag. Du schließt das Fenster und öffnest dein Email Office um zu schauen ob es einen neuen Newsletter oder was Neues auf Facebook gibt. Wie am Vortag.
Du liegst immer noch im Bett und bist ein paar weitere Gründe durchgegangen. Inzwischen ist es 9:52 , der Radio Wecker aus dem laut Guildo Horn versicherte dass er dich lieb hat ist schon verstummt. Du versuchst immer noch aufzustehen. Nichts. Dann fallen dir nochmal all die schlechten Gründe ein. Du stehst auf und gehst zum Kühlschrank.
Wie am Vortag. 

(© Meise)
  
(Feedback und Kritik bitte an nagelnagelnagelnagel@web.de Danke :)

9.52 Uhr
 

Hallo Welt

Guten Tag.
Mein Name steht in meinem Ausweis und ich habe diesen Blog hier nur erstellt um
ein paar Geschichten hochzuladen.
Auch wenn es am Ende nur 5 Leute hier her geschafft haben. Danke 5 Leute.

Ich freue mich sehr wenn ich zu den Geschichten etwas Feedback bekomme. Ich bin kein großer
Schreiber (1,73m). Ob ich Talent habe weiß ich nicht. Das kannst du mir ja dann sagen.
Feedback muss nicht in Form von Kommentaren hier ankommen. Du kannst mir auch einfach eine e-Mail schreiben. Hier: nagelnagelnagelnagel@web.de
Oder du tanzt mir einfach deine Meinung. Filme dich dabei und Lade das Video dann bei YouTube hoch.
Sende mir dann einfach den Link.

Ich danke dir wenn du bis hier hin gelesen hast.

Love, Meise


(Wenn du hier und in meinen Geschichten Rechtschreibfehler findest, dann schreib diese auf eine Postkarte und iss sie auf. Danke!)

Meise